Newsletter Oktober 2017
Ich grüße Sie herzlich!
Die Bezeichnung “Erlebnisorientierte Familientherapie” sorgt immer wieder für Irritationen. Die naheliegende Assoziation mit Erlebnispädagogik, führt auf eine ganz andere Spur. Den bei Walter Kempler zu findenden englischen Begriff “experiential” übersetzt der Duden mit “auf Erfahrung beruhend” oder “erfahrungsbasiert”.
Ich habe noch mal bei Walter Kempler nachgelesen, der die folgende Beschreibung für seinen therapeutischen Ansatz gibt:
Was ist erlebnisorientierte* Familientherapie?
Erlebnisse sind die Bausteine unseres Lebens. Erlebnisse, bei denen es zu Interaktionen mit anderen Menschen kommt (sogenannte “Begegnungen”), sind für die Entwicklung von Fähigkeiten, die wir zur Bewältigung künftiger Erlebnisse brauchen, am wichtigsten. Die Begegnungen, die innerhalb unserer Familie stattfinden – ob damals oder jetzt – fördern und beeinflussen unsere Fähigkeiten am meisten. Ziel der erlebnisorientierten Familientherapie ist es, die Menschen dazu zu bringen, dass sie im Leben gut zurechtkommen. Der Begriff “erlebnisorientiert” (experiential) soll verdeutlichen, dass die Therapiesitzung selbst das Experimentierfeld ist, auf dem wir neue Erfahrungen machen. Es ist keine Therapie, bei der “über etwas geredet” wird, sondern bei der “gehandelt” wird. Dadurch, dass wir mit der gegenwärtigen Familie arbeiten, dass wir die Art neuer Begegnungen während der Therapiesitzung untersuchen und dass sich der Therapeut als Person voll und ganz in die Gruppe einbringt, schaffen wir die wichtigsten Voraussetzungen für das Erreichen unseres Ziels.
Abgesehen von diesen Grundregeln wird die Therapie auch durch die zahlreichen Facetten jeder einzelnen Persönlichkeit – einschließlich der des Therapeuten – geprägt, die jeden Augenblick der Begegnungen in der Sitzung beeinflussen. Für diese Augenblicke gibt es keine Grundregeln oder Theorien; da gibt es nur Menschen. Wichtig ist nur, wer wir füreinander sind und was wir miteinander tun. Die Hauptklagen, die von den Patienten kommen, sind im Grunde immer dieselben: “au, ich bekomme nicht das, was ich will, und das tut weh.” Abgesehen davon ist jedoch jedes Muster schmerzlich ineinandergreifenden (interdependenten) Verhaltens einzigartig.
(Zitat: Seite 14, W. Kempler “Erlebenisaktivierende* Familientherapie”, Junferman Verl. 1989″
*in der Übersetzung wurde für experiential erlebnisaktivierend statt erlebnisorientiert verwendet
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