Kapitel 4 – Unterrichts- und Arbeitsformen
- 1. Arbeit in der AusbildungDetails
- In den Ausbildungsgang sind Übungen in der Durchführung einer Therapie integriert. Diese Übungen finden unter Anleitung einer erfahrenen Lehrkraft statt und sind mit der Theorie und Methodik der Ausbildung verzahnt.
Im Plenum erfolgen Therapieübungen sowohl in Sitzungen mit der Lehrkraft als exemplarischem Therapeutenmodell als auch durch thematisch relevante oder anderweitig aktuelle Therapien, bei denen die Ausbildungsteilnehmer bzw. -teilnehmerinnen als Klienten bzw. Klientinnen, Therapeuten bzw. Therapeutinnen und Beobachter bzw. Beobachterinnen oder Rückmelder bzw. Rückmelderinnen, agieren. Im letztgenannten Setting leistet die Lehrkraft direkte Supervision. Dies erzeugt bei dem Ausbildungsteilnehmer bzw. bei der -teilnehmerin, der bzw. die bei seiner bzw. ihrer Arbeit supervidiert wird, eine Art von persönlichem Lerneffekt, während sich ein ganz anderer Lernprozess bei den übrigen Teilnehmern bzw. Teilnehmerinnen abspielt, die dem Geschehen mit größerer Distanz beiwohnen.
Zentrale Aspekte des Erlernten sind:
- Wie funktionierte die Therapie fachlich-theoretisch und in der persönlichen Umsetzung?
- Wie erlebte der „Übungstherapeut“ bzw. die „Übungstherapeutin“ die Supervision der eigenen Arbeit, gesehen im Zusammenhang mit den Beobachtungen der Lehrkraft und der übrigen Ausbildungsteilnehmer bzw. -teilnehmerinnen?
- Was kann der Klient bzw. die Klientin seinem bzw. ihrem Therapeuten und seiner bzw. ihrer Therapeutin als Feedback liefern?
- 2. Kleingruppen- und TherapieübungsarbeitDetails
- Ein zentraler und besonders wichtiger Teil der Ausbildung ist die Arbeit in den Kleingruppen. Jede Ausbildungsgruppe wird in drei Kleingruppen mit jeweils 5 bis 6 Mitgliedern eingeteilt. Die Kleingruppen werden bei Beginn der 2-jährigen Basisausbildung zusammengestellt und bleiben grundsätzlich in den folgenden zwei Jahren zusammen. Bei Einleitung des 3. Jahres werden gegebenenfalls neue Kleingruppen gebildet.
In dieser Phase wird an der Schulung, d. h. der Weiterentwicklung der professionellen Sprache und Ausdrucksweise jedes einzelnen Ausbildungsteilnehmers bzw. jeder einzelnen -teilnehmerin gearbeitet. Die Gruppen liefern diesbezüglich wertvolles Feedback und ermöglichen ein Einüben und Internalisieren ohne den Leistungsdruck, wie er bei Anwesenheit einer Autorität/erfahrenen Lehrkraft entstehen kann.
Durch die Kombination der selbständigen Arbeit in den Gruppen mit einer Nachbereitung der Gruppenarbeit, bei der die gruppendynamischen Prozesse bearbeitet und Kenntnisse über diese Prozesse vermittelt werden, wird die Gruppe für die Ausbildungsteilnehmer und -teilnehmerinnen zu einem wesentlichen Entwicklungsraum.
Die Gruppen entwickeln sich oft zu ausgesprochen vertraulichen Räumen zwischen den Teilnehmern und Teilnehmerinnen. Alte Familienstrukturen und Rollen können dabei parallel zu aktuellen privaten oder arbeitsbezogenen Gruppenerfahrungen bearbeitet werden. Die Arbeit wird von den Lehrkräften mit verfolgt.
Im Plenum werden die Gruppen zu „Klientengruppen“ mit der Lehrkraft als Gruppentherapeuten bzw. -therapeutin. Wieder gelten die gleichen Lernprinzipien wie oben, wobei der transparente Prozess sowohl bei den „aktiven“ als auch bei den beobachtenden Teilnehmern bzw. Teilnehmerinnen effektives Lernen und Veränderung ermöglicht.
Aufgabe der Kleingruppen ist das Einüben therapeutischer Arbeit in der Praxis, Supervision und innerhalb des durch die Ausbildung vorgegebenen Rahmens sowie das Arbeiten mit Theorien und Theoriedarlegungen. Ebenso haben die Gruppen die Funktion, den Teilnehmern und Teilnehmerinnen dabei zu helfen, die Pflichtlektüre durchzugehen, zu verstehen und ihre Abhandlung vorzubereiten.
Die Kleingruppen bilden somit den Kern der Ausbildung als:
- Übungseinheit
- Team
- kollegiales Forum
Das Augenmerk der Lehrkräfte richtet sich in den Kleingruppen daher kontinuierlich auf:
- die Übungsarbeit der Gruppe
- den Gruppenprozess (Etablierung von Strukturen)
- die Konfliktbereiche der Gruppe
Zusammenkünfte und Protokolle
Die Kleingruppen kommen mittags und abends an den Workshoptagen zusammen. Die Anfertigung von Protokollen über diese Treffen ist obligatorisch.
Die Protokolle sind Reflexionen über das eigene Verhalten und Erleben in der Kleingruppe und sollen folgende Fragen beleuchten:
- Wie habe ich mich eingebracht?
- Was habe ich erlebt?
- Was war mir wichtig?
Die Protokolle sind nach den Workshops, den Lehrkräften zu übermitteln.
Jede einzelne Kleingruppe hat selbst dafür Sorge zu tragen, ihre Treffen zu planen und abzuhalten, im Anschluss daran Protokolle über die Treffen (max. 1 Seite) zu schreiben und diese den Lehrkräften zu übermitteln.
- 3. Gastklienten- und TherapieübungsarbeitDetails
- Gastklienten sind Klienten bzw. Klientinnen, die in einer Unterrichtssituation von einem Ausbildungsteilnehmer bzw. einer -teilnehmerin unter Supervision therapiert werden. Die Therapie ist für den Klienten bzw. die Klientin kostenlos, der bzw. die dafür allerdings die Therapie in einer Unterrichtssituation durchläuft.
Die Ausbildungsgruppe ist selbst dafür zuständig, Gastklienten und -klientinnen für den Unterricht zu finden.
Klientenkoordinator bzw. -koordinatorin
In jeder Ausbildungsgruppe wird ein Klientenkoordinator bzw. eine -koordinatorin ernannt, der bzw. die für die praktischen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Aufnahme von Gastklienten bzw.
-klientinnen in der Ausbildungsgruppe zuständig ist, so u. a. für die Information der betreffenden Lehrkraft und der Ausbildungsgruppe.Alle Lehrkräfte sind verpflichtet, anzugeben, ob sie an dem Tag, an dem sie unterrichten, Gastklienten bzw. -klientinnen im Unterricht dabeihaben möchten.
Grundlegendes zur Struktur
Für das therapeutische Gespräch im Plenum werden ca. 60 Minuten angesetzt. Wenn es sich bei den Klienten bzw. Klientinnen um Paare oder Familien handelt, können auch 1 1/2 Stunden (90 Min.) vorgesehen werden.
Bevor die Ausbildungsgruppe Gastklienten bzw. -klientinnen empfängt, ist die Gruppe von den Lehrkräften über die Form und Struktur der Sitzung mit dem Gastklienten bzw. der -klientin zu informieren.
Der Gastklient bzw. die -klientin ist darüber zu informieren, welche Bedingungen gelten, wenn er bzw. sie sich in einer Unterrichtssituation zu Übungszwecken zur Verfügung stellt. Der Klient bzw. die Klientin wird von der Ausbildungsgruppe als Gast empfangen und soll sich bei seinen Gastgebern wohlfühlen. Das bedeutet u. a., dass er bzw. sie freundlich empfangen wird und dass er bzw. sie vor Beginn der Therapie Gelegenheit erhält, die Anwesenden in zwangloser Form zu begrüßen.
Grundlegendes zu den Formalitäten
Wenn das therapeutische Gespräch begonnen wird, haben sich die übrigen Anwesenden vollkommen still zu verhalten.
Im Vorfeld werden 2 bis 3 Beobachter bzw. Beobachterinnen gewählt, denen zusammen mit dem Supervisor bzw. der Supervisorin die besondere Aufgabe zukommt, dem Therapeuten bzw. der Therapeutin Feedback zu liefern, wenn sie darum gebeten werden.
Dem Klienten bzw. der Klientin sollte die Möglichkeit gegeben werden, auf sein bzw. ihr Erlebnis der Situation zu reagieren. „Wie war es für Sie, hier zu sein? Gibt es irgendetwas, das wir Ihrer Meinung nach ändern sollten? Gibt es irgendetwas, das Ihnen besonders gut gefallen hat?“
Nachdem sich der Klient bzw. die Klientin geäußert hat, begleitet der Therapeut bzw. die Therapeutin den Klienten bzw. die Klientin zur Tür und verabschiedet sich von ihm bzw. ihr.
Nach dem Klientengespräch erhält zuerst der Therapeut bzw. die Therapeutin über sein bzw. ihr Erleben der Sitzung zu sprechen. Dann geben die ausersehenen Beobachter bzw. Beobachterinnen und der Supervisor bzw. die Supervisorin (die Lehrkraft) dem Therapeuten bzw. der Therapeutin Feedback.
Der Ausbildungsteilnehmer bzw. die -teilnehmerin, der bzw. die als Therapeut bzw. Therapeutin aufgetreten ist, hat dafür Sorge zu tragen, dass das Gespräch mit dem Klienten bzw. der Klientin weiterverfolgt wird. Der Ausbildungsteilnehmer bzw. die -teilnehmerin setzt den Klienten bzw. die Klientin davon in Kenntnis, dass man binnen einer Woche erneut mit ihm bzw. ihr in Kontakt treten wird. Dies dient dazu, zu erfahren, wie sie sich in der Ausbildungsrunde behandelt gefühlt haben und ob irgendwelche Nachreaktionen eingetreten sind, die aufgegriffen werden sollten. Es besteht die Möglichkeit, ein Folgegespräch in der Ausbildungsgruppe durchzuführen. Dies ist mit dem Klientenkoordinator bzw. der -koordinatorin der Ausbildungsgruppe abzusprechen. Die nächste Lehrkraft ist hiervon im Voraus durch den Ausbildungsteilnehmer bzw. die -teilnehmerin zu unterrichten, der als Therapeut bzw. die als Therapeutin aufgetreten ist und anschließend mit dem Gastklienten bzw. der -klientin gesprochen hat.
1. Jahr der Basisausbildung
Gastklienten können in der Ausbildungsgruppe aufgenommen werden. Die Arbeit mit Gastklienten wird der Lehrkraft selbst oder von den Ausbildungsteilnehmern bzw. –teilnehmerinnen unter direkter Supervision einer Lehrkraft durchgeführt.
2. Jahr der Basisausbildung und die weiteren Jahre
Gastklienten werden als obligatorischer Teil des Unterrichts in der Ausbildungsgruppe aufgenommen. Die Ausbildungsteilnehmer bzw. -teilnehmerinnen sind gehalten, unter direkter Supervision psychotherapeutisch zu arbeiten.
3. und 4. Jahr – Aufbaukurs
Der Ausbildungsteilnehmer bzw. die -teilnehmerin kann die Gespräche mit dem Klienten bzw. der Klientin in eigener Regie weiterführen, sofern die Lehrkraft dies für vertretbar hält, der Klient bzw. die Klientin hieran Interesse zeigt und der Ausbildungsteilnehmer bzw. die -teilnehmerin individuell supervidiert wird oder an einer Supervisionsgruppe teilnimmt.
Externe Klienten und Therapiearbeit
Im 3. und 4. Jahr sind supervidierte externe Klientenbehandlungsabläufe in eigener Regie oder im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit obligatorisch. Eine Supervision ist verbindlich vorgeschrieben.
Die Ausgaben für die Teilnahme an der Supervisionsgruppe werden durch die Klientengebühren gedeckt, die für einen Teilnehmer bzw. eine Teilnehmerin im 3. und 4. Ausbildungsjahr bei 30,- bis 40,- Euro pro Stunde (Richtwert) liegen können.
Eigentherapie und Supervision
Im Rahmen der 2-jährigen Basisausbildung ist das Durchlaufen einer Eigentherapie oder Supervision nicht verbindlich vorgeschrieben. Jedoch ist eine Eigentherapie häufig anzuraten. Im 3. und 4. Ausbildungsjahr sind mindestens 10 Stunden individuelle Eigentherapie pro Jahr (durch externe Therapeuten oder Therapeutinnen) obligatorisch, sofern der Ausbildungsteilnehmer oder die -teilnehmerin sich nicht zuvor einer Therapie im Gesamtumfang von 20 Stunden unterzogen hat. Diese Stunden sind durch Einreichung von Quittungen zu belegen. Dabei ist zu beachten, dass der Therapeut bzw. der Therapeutin vom ddif anerkannt ist oder ein approbierter Psychologe oder Psychiater bzw. approbierte Psychologin bzw. Psychiaterin ist. Die Kosten für die individuelle Eigentherapie sind nicht in den Ausbildungsgebühren enthalten.
Darüber hinaus ist im 3. und 4. Ausbildungsjahr ebenso eine Supervision in Verbindung mit der externen Klientenarbeit obligatorisch. Diese muss mindestens 25 Stunden pro Jahr umfassen. Die Supervision kann sowohl intern als auch extern erfolgen, beispielsweise an einem Arbeitsplatz oder durch einen Supervisor bzw. eine Supervisorin, den bzw. die der Supervisand oder die Supervisandin selbst ausfindig macht. Dabei ist zu beachten, dass der Supervisor oder der Supervisorin vom ddif anerkannt ist. Die Kosten für die externe Supervision sind nicht in den Ausbildungsgebühren enthalten, werden jedoch ganz oder teilweise durch die vom Klienten oder von der Klientin zu entrichtenden Gebühren gedeckt. Für letztere wird eine Höhe von 30,- Euro pro Sitzung empfohlen (Richtwert).
Beratungsgespräche
Die Lehrkräfte dürfen in der Ausbildung befindliche Ausbildungsteilnehmer bzw. -teilnehmerinnen nicht individuell therapieren. Sollte ein Ausbildungsteilnehmer bzw. eine -teilnehmerin akute Hilfe benötigen, kann ihm oder ihr von einer Lehrkraft ein Beratungsgespräch angeboten werden (maximal 3 Beratungsgespräche pro Jahr), wonach der Teilnehmer bzw. Teilnehmerin an einen externen Therapeuten bzw. eine externe Therapeutin verwiesen wird. Die Kosten für diese Beratungsgespräche sind vom Ausbildungsteilnehmer bzw. von der -teilnehmerin selbst zu tragen.
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